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Donnerstag, 19. Februar 2004
Über das Abenteuer, eine Karnevals-Antipathie zu haben...

... und in Aachen zu wohnen.

Ich habe es wirklich lange versucht! Vor vier Jahren endlich habe ich es dann als gegeben hingenommen und oute mich nun auch öffentlich: Ich habe eine Karnevals-Antipathie!

Die Wurzeln dafür liegen sicherlich in meiner Kindheit. Schon im zarten Alter von 5 oder 6 Jahren fand ich das karnevalistische Verkleiden fürchterlich. Sicherlich lag das auch darin begründet, daß mir Kostüme mehr oder weniger aufgezwungen wurden. Ich erbte jedes Jahr die abgelegten Kostüme meiner drei Jahre älteren Cousine. Diese Kostüme waren grundsätzlich von meiner Tante selbstgenäht und entsprachen somit auch deutlich der Figur meiner Cousine. Sie war stets so dünn, daß sie sogar später mal zum Schulpsychologen mußte, weil man bei ihr Magersucht vermutete. Dabei futterte sie damals schon ohne Ende und nahm doch kein Gramm zu (und so ist es bis heute!). Ich dagegen war als Kind eher "gut genährt" und so waren mir schon mit 6 Jahren die Kostüme meiner damals 9jährigen Cousine zu eng. Meine Oma nähte sie dann auf "halbwegs passend" und so sah ich im Tanzmariechen-Kostüm aus wie eine Knackwurst mit Spitzenunterhose und als Tarzans Jane hätte mir keiner den Schwung von Liane zu Liane abgekauft. Ich selbst wäre damals gerne als etwas Spannenderes gegangen. Hexe oder Pirat hätte ich toll gefunden! Aber meine Cousine stand halt auf kurze Röckchen und damit wurde ich quasi zum Kleidchen gezwungen.

Mit der Grundschulzeit begann meine "Verweigerung". Gerade zum Matrosen-Kostüm ließ ich mich noch überreden, weil ich auch sonst gerne weiße Jeans trug und bekanntlich schon immer einen Hang zu Ringelpullovern hatte. Damit hatte es sich aber auch... mehr Verkleidung war nicht drin. Später, am Gymnasium, hatte ich eine Freundin, deren Geburtstag fast immer in die Karnevals-Zeit fiel. Mein Gott, hat sie mir leid getan! Ihre Partys waren grundsätzlich Kostüm-Feste, die ich dann mit Beharrlichkeit ignorierte, indem ich diverse Krankheiten vortäuschte oder aber in Straßenkleidung, mit dem Schild "Verkleidet als Tourist" um den Hals, besuchte. Zum Glück wichen diese Kostüm-Partys später, so mit 14 oder 15, den Knutsch-Feten!
Meine Schulzeit habe ich also relativ Kostüm- und Karnevals-frei überstanden.

Dann zog ich nach Aachen! Die ersten beiden Jahre habe ich in den Semesterferien immer außerhalb der Faschingshochburg gearbeitet und konnte solche Festtage wie "Altweiber" und "Rosenmontag" getrost ignorieren. Im dritten Jahr aber war ich wegen Prüfungen gezwungen, auch über Karneval in Aachen zu bleiben. So stand ich dann am "Fettdonnerstag" (so heißt hier "Weiberfastnacht") nachmittags um vier Uhr vor dem Plus und alles war dicht. Ich vermutete Streik oder Brandschaden und fuhr zum Aldi...Aldi dicht! Der Bäcker und der Metzger auch! Ich fuhr nach Hause und überlegte, ob vielleicht Sonntag oder aber ein hoher Feiertag wäre, der mir entgangen war, oder, noch schlimmer, eine Seuche ausgebrochen oder ähnliches??? Im Flur begegnete mir dann meine Nachbarin in feuchtfröhlicher Stimmung und auf meine Nachfrage, was heute los sei, kam nur zu Antwort "Fettdonnerschtag! Do geht in Ösche nüs mer!". Aha, Weiberfastnacht also! Na toll! Wo um Gottes Willen war ich gelandet?! Hatte ich doch mit meinem gesunden Halbwissen vermutet, daß es hier genauso wie im Ruhrgebiet ist. Man feiert zwar, aber bitte nicht so heftig, daß dafür Geschäfte schließen.

Karneval begann mich nun zu verfolgen...
Meine nächste Wohnung war direkt an einer Ecke, an der der Rosenmontagszug ab genau diesem Jahr vorbei flanierte und ich hatte in den nächsten Jahren an diesem Tag jede Menge Freunde, die entweder meine Wohnung stürmten ("Och, ist so kalt draußen und von hier oben sieht man eh besser!") oder schellten, weil sie mal aufs Klo wollten. Mein Auto wurde abgeschleppt, weil die Stadt in jenem Jahr nicht, wie in der Zeitung angekündigt, um 8 Uhr den Zug-Weg freischleppen ließ, sondern schon um 7 Uhr. Zum Glück musste ich das Abschleppen nicht zahlen, hatte aber trotzdem den Ärger. Ich schrieb Klausuren in Räumen, die direkt neben Mensen oder mit Fensterseite zur Straße lagen und man hörte abwechselnd Alaaf!-Schreie und die gängigsten Karnevals-Lieder aus Ghetto-Blastern. Und und und...
Es wurde immer schlimmer! Sobald die hohen Karnevals-Tage bevorstanden, breitete sich bei mir ein Gefühl der Ohnmacht aus und ich schmiedete Flucht-Pläne. Und feiern wollte ich schon gar nicht... da hätte ich mich verkleiden müssen.

Irgendwann begann ich, Karneval richtig zu hassen. Es bremste mich aus, es machte Ärger, man wurde zur Fröhlichkeit gezwungen und es machte Freunde zu Feinden! Immer war ich es, die den Senf-Berliner bekam. Ich erntete bitterböse Blicke, wenn ich am Fettdonnerstag unkostümiert erschien, ich wurde fast gesteinigt, als ich einmal das Radio ausdrehte mit dem Kommentar "Ich kann das blöde Humtata nicht mehr hören!" und stieß auf Unverständnis, wenn ich auf die Frage "Was macht ihr den Karneval?" mit "Nix!" antwortete.
Als "eschter Öscher" hat man Karnevalist zu sein, basta!

Inzwischen habe ich mich geoutet. Falls mich jemand fragt, erzähle ich freundlich, daß ich eine Karnevals-Antipathie habe, daß man mich in der Zeit bitte in Ruhe lasse, weil ich ab Fettdonnerstag grundsätzlich ein Woche heil-faste und daher ungenießbar sein werde und dann danach aber zu allen Schandtaten bereit sei.
Somit hat sich mein Umfeld daran gewöhnt, daß man mit mir auf Karneval-Partys nicht rechnen darf, daß ich am liebsten zwischen Fettdonnerstag und Aschermittwoch keinen Fuß vor die Tür setze und grundsätzlich unkostümiert bin.

Und nachdem ich nun offen zu meiner Antipathie stehe, stelle ich tatsächlich in den letzten beiden Jahre kleine Veränderungen an mir fest. Letztes Jahr habe ich mich tatsächlich zu einem Besuch des Rosenmontagszugs überreden lassen... und ich besitze seit einiger Zeit tatsächlich auch eine rote Clowns-Nase. Vielleicht sieht man mich irgendwann sogar mal auf einer Karnevals-Party... in 10 Jahren oder so!