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Mittwoch, 5. Juni 2013
Musikalische Früherziehung


Das Töchterlein ist sehr musikalisch, singt sehr gerne (und auch ziemlich richtig), klimpert begeistert auf unserem e-Piano und wünscht sich sehnsüchtig Musikunterricht.

Sowohl der Lieblingsmann wie auch ich stammen aus recht musikalischen Familien. Mein Vater verdiente sich sein Studium als Kirchenorganist und so wurde ich auch schon mit vier zur musikalischen Früherziehung geschickt und mit fünf Jahren dann ans Klavier gezwungen zum Klavierunterricht geschickt. Später habe ich dann das Klavier zugunsten der Klarinette vernachlässigt, heute klimpere ich aber ganz gerne mal zur Entspannung (oder schrammele lustige Liedchen um die Kinder zu bespaßen). Der Lieblingsmann erwägte sogar mal ein Musikstudium. Kurz, wir beide finden Musikmachen schön und auch sinnvoll.

Daher war ich sehr erfreut, als ich im Kindergarten einen Aushang entdeckte, der einen Kurs für Musikalische Früherziehung für Vier- bis Sechsjährige der städtischen Musikschule ankündigte. Das wäre genau das passende für unsere Tochter!

Allerdings schaffte ich es dann eine Woche lang nicht, mir die Telefonnummer abzuschreiben. Und als ich dann endlich den Geistesblitz hatte, den Aushang einfach mit dem Apfel-Phone zu fotografieren, vermutete ich, daß ich schon zu spät für die 16 angebotenen Plätze bin und wähnte meine Tochter nun auf Platz 100 der Warteliste.
Umso erstaunter war ich, als die Dame am anderen Ende der Leitung quasi euphorisch war, daß ich dort anrief und unser Interesse bekundete.

Dann erzählte die Dame mir die Vertragsbedingungen und mir wurde schlagartig klar, weshalb die Stadt Probleme hat, 16 Kinder zusammen zu bekommen.

1. Man muß sich vertraglich für zwei Jahre (!) binden!
Kostenpunkt pro Monat 15 €, also 360 € für zwei Jahre.

Mein Kind ist 4 Jahre alt. Kann ich da erwarten, daß das Kind zwei Jahre lang konstant Spaß an der Sache hat?
Ich kann mich noch sehr gut an meine Musikschule damals erinnern. Die Lehrerin, Fräulein L. (damals gab es noch Fräuleins!) machte über ein halbes Jahr lang jede Stunde das Gleiche, hatte sofort eine Lieblingsschülerin, die grundsätzlich immer vorsingen/-klatschen/-spielen durfte. Nach sechs Monaten hatte ich keine Lust mehr und wollte patout nicht mehr hin und als ich doch hin mußte, saß ich die ganze Stunde mit Motzgesicht da. Meine Eltern sahen dann die Sinnlosigkeit der Veranstaltung ein und kündigten diese Musikschule. Was ist, wenn es meinem Kind genauso geht? Schleppe ich sie dann noch weitere 18 Monate trotz Protesten dahin? Oder schreibe ich dann einfach 240 € in den Wind? Ganz blöd!
Selbst unser Sportverein hat bei Kindern unter 10 Jahren nur eine dreimonatge Kündigungsfrist und bei Fitnessstudios weiß ich, daß diese 2-Jahres-Knebelverträge inzwischen verboten sind.

2. Nur die erste Stunde ist Probestunde.
Es gibt keine Probezeit, wie bei allen anderen Veranstaltungen, die man so mit Kleinkindern machen kann.
Ich finde, eine einzige Probestunde kann man nicht als Probezeit betrachten. Gerade die erste Stunde ist doch ausgefüllt mit Orga-Kram und Vorstellungsrunde. Wie eine Lehrerin tatsächlich ist, ob sie die Kinder begeistern kann, ob sie den Unterricht spannend und abwechslungsreich gestaltet, das alles kann man doch erst nach ein paar Wochen sehen. Aber leider muß man sich hier schon nach den ersten 45 Minuten entscheiden. Passt mir die Nase der Lehrerin, dann binde ich mich gleich für 2 Jahre, wenn nicht, dann nicht!

3. In den Suchulferien findet kein Unterricht statt, es muß aber trotzdem das ganze Jahr durch bezahlt werden.
Wie viele Wochen Schulferien gibt es im Jahr? Ich komme spontan im Kopf auf 12 Wochen, habe aber vielleicht noch was vergessen. Also zahle ich drei Monate für nichts!

Ich finde diese Vertragsbedingungen für 4jährige Kinder echt zu happig und denke, daß sich die Stadt nicht wundern muß, daß sie Probleme haben, Teilnehmer zu finden. Ich hätte die Chance gerne genutzt, kenne aber auch meine Tochter gut genug um zu wissen, daß ihr eintönige Sachen schnell langweilig werden können und daß sie, wenn sie sich nicht gefordert fühlt, auch dazu neigt, auf "stur" zu schalten oder sich selber Herausfordeungen zu suchen.

Hätte die ganze Früherziehung eine dreimonatige Probezeit gehabt und eine Kündigungsfrist von drei oder sechs Monaten, dann hätte ich das Töchterlein angemeldet. Aber so? Nee, dann suche ich lieber eine andere Form des Musikunterrichts fürs Töchterlein.

Oder bin ich zu anspruchsvoll/pingelig/ängstlich bezüglich der Vertragsbedingungen?