Und leise knackt der Zapfen...
Meine Tante, mit meiner Avokadokern-Einpflanz-Macke bestens vertraut (mein größter Zuchterfolg war eine 6 Meter lange Pflanze, die ich irgendwann an der Decke entlang schlängeln mußte und die den letzten Umzug dann nicht überstanden hat... ich habe meinen Freund im Verdacht!!!), hat mir zu Weihnachten einen noch geschlossenen Pinienzapfen geschenkt. In der Anleitung stand, nach etwa sechs Wochen würde sich der Zapfen mit leisem Knistern öffnen und seine Kerne freigeben. Ihr Spruch war dann noch: "Du kannst mir dann ja im nächsten Jahr einen Pinien-Setzling schenken!", was ein gewissen Stöhnen von Seiten meines Freundes hervor rief.
Nun habe ich meinen Zapfen auf die Kommode gestellt und erst einmal vergessen, schließlich stand da ja etwas von sechs Wochen.
Und heute morgen saß ich gemütlich mit Kaffeetasse und Laptop auf dem Sofa, als plötzlich ein lautes Krachen und Reißen die sonntägliche Stille zerriß. Entsetzt starrte ich im Zimmer umher, vermutete ich doch entweder ein Loch in der Wand, ein eingestürztes Regal oder sonst etwas Dramatisches. Das Krachen war schließlich verdammt laut. Aber ich entdeckte... nichts! Alles sah aus wie immer. Und als es zum zweiten Mal krachte, schaute ich zum Glück gerade in die richtige Richtung und sah, wie sich der Zapfen ein weiteres Stück öffnete. Pinienkerne konnte ich zwar noch keine ernten, aber ein bißchen geöffnet ist das gute Stück schon... spannend!!!
Aufmerksamen Lesern wird vielleicht nicht entgangen sein, daß Geduld nicht gerade zu meinen hervorstechenden Eigenschaften zählt.
Wenn der Geldautomat die fünf Worte schreibt "Bitte haben Sie etwas Geduld!", dann trommle ich genervt mit den Fingern auf dem Display herum. Das Opal-Abo hat mich jedes Mal von neuem an die Grenzen meiner Belastbarkeit gebracht. Und auch mein Lieblings-Onlineshop amazon tut gut daran, keine Telefonnummern für eventuelle Nachfragen nach dem Versandtstatus anzugeben, denn sie wissen vermutlich, daß es Leute wie mich gibt ;-)!
Seit ich Spinnradbesitzerin bin, lerne ich, daß selbst ich geduldig sein kann... eine Seite, die ich bisher nicht an mir kannte.
Es begann damit, daß mein bei ebay ersteigertes Spinnrad lange lange auf sich warten ließ, weil die Verkäuferin sich nicht an die Zusage hielt, sofort nach Geldeingang das Rädchen auf den Weg zu bringen. Nach 10 Tagen (un)geduldigen Wartens habe ich es dann tatsächlich gewagt, die Dame telefonisch zu kontaktieren... ihre Rache war süß, Vorwürfe am Telefon und bis heute keine Bewertung bei ebay für mich. Erste Lektion zum Thema Geduld!
Die zweite Lektion folge auf dem Fuße! Dachte ich doch, daß das mit dem Spinnen locker flockig einfach laufen würde. Pustekuchen! Es dauerte seine Zeit, bis ich tatsächlich so etwas ähnliches wie einen gleichmäßigen Faden produzieren konnte. Einfach losspinne, zwirnen, stricken war nicht! Zähneknirschend übte und übte ich mit Wolle aus dem Vlies, die mich lehrte, daß man sich das Gefühl für Rohwolle und Spinnrad hart und mit Geduld erarbeiten muß. Eine weitere Lektion zum Thema Geduld!
Diese zwei Lektionen habe ich nun bereits erfolgreich absolviert. An den weiteren arbeite ich noch:
Lektion 3: Wolle muß nach dem Zwirnen gewaschen werden... und dann auch noch trocknen!!! Bah!
Das Spinnen macht Spaß, bei Zwirnen sieht man voller Vorfreude, wie schön die Wolle ausschaut und plant schon im Geiste das entstehende Strickstück und dann wird man schon wieder ausgebremst. Waschen geht ja noch, aber leider muß sich das Wasser auch wieder vom Aggregatzustand flüssig in gasförmig verwandeln. Und das kann bekanntlich dauern. Stündliches Betasten der Wollstänge und ständige Analyse des Feuchtigkeitsgehaltes der Wolle beschleunigen den Trocknungsvorgang erstaunlicherweise nicht. Auch heiße und begierige Blicken helfen nicht weiter... das Trocknen braucht seine Zeit. Eine harte Geduldsprobe für ungeduldige Menschen wie mich, die am liebsten jeden Meter selbstgesponnenes Garn sofort in etwas Wunderbares verwandeln würden. Grumpf!
An dieser Geduldslektion arbeite ich noch hart!
Und besonders hart ist ebenfalls folgende Lektion:
Es dauert ewig und unendlich, bis zwei Spulen voll mit Wolle sind!!!! Jetzt gerade habe ich ja die Space in Arbeit, die sich wunderbar schnell und ohne größere Probleme verspinnen läßt und trotzdem dauert es Stunde um Stunde und ich habe das Gefühl, daß die Spule nicht voller und die Tüte voll Space-Wolle nicht leerer wird. Wie schaffen es andere Leute Spule um Spule an einem einzigen Tag zu spinnen? Ich trete schon in der Schnelligkeit eines Tour-de-France-Teilnehmers auf dem Col du Tourmalet und die Wolle fliegt nur so durch meine Finger, aber irgendwie habe ich das Gefühl, nicht wirklich etwas geschafft zu haben. Dabei hatte ich mir das so lässig vorgestellt: heute mache ich die zweite Spule voll und zwirne schon mal 200g, dann noch schnell waschen und über Nacht schon mal trocknen und während ich morgen die zweiten 200g gezwirnt hätte und dann schon an der nächsten Spule gesponnen hätte, wäre die Wolle vollständig trocken und morgen abend hätte ich gemütlich schon mal die MaPro stricken können.
Aber wie ich ja jetzt schon ein paar Mal erfahren habe, ist Spinnen eine harte Geduldsprobe. Trotz ausdauernden Spinnens ist die Spule noch nicht einmal halb voll und somit ist auch nix mit Zwirnen...
Somit werde ich morgen weiter geduldig meine Space verspinnen und hoffen, daß vielleicht morgen die Spule voll wird... oder vielleicht auch nicht! Langsam, ganz langsam, lerne ich das ja mit der Geduld ;-)!!!
Falls also jemand Probleme mit Geduld hat und zu kuriosen Handlungen zur Ungeduld-Bekämpfung neigt, dem kann ich nur die Spinn-Therapie empfehlen. Man kaufe sich ein Spinnrad und Rohwolle und schon nach kurzer Zeit ist man entweder der Verzweiflung einen Schritt näher oder aber man hat eine gehörige Lektion zum Thema Geduld bekommen ;-).