Vorgestern kam dann endlich der erlösende Anruf aus Mönchengladbach, daß mein Spinnrad den weiten Weg aus Neuseeland hinter sich hat und nun zur Abholung bereit stünde.
Als erstes habe ich dann natürlich Brigitte angerufen, die ja eh alles Schuld ist, denn sie hat mir das Spinnen schließlich beigebracht ;-). Und da ich ja auch bei der Adoption ihres Joy dabei war, mußte sie natürlich auch bei mir mitfahren. So düsten wir also gestern nach Mönchengladbach zu Huppertz und ich kaufte mein Spinnrad... naja, und ein bißchen Wolle (aber Brigitte hat mehr gekauft, ich schwöre ;-)!).
Daheim dann näherte ich mich strathegisch dem Karton. Eigentlich hatte ich ja schwer überlegt, dem Lieblingsmann, der mir ja nun ein Spinnrad schenkte und keinen Bausatz, das Aufbauen zu überlassen. Aber um 15 Uhr war ich dann doch zu hibbelig... soll er halt an das fertige Rad eine Schleife dran machen!
Also habe ich alles ausgepackt, die vorgeschriebenen Stellen gewachst, brav nach Anleitung geschraubt und gehämmert und nach zwei Stunden nahm es langsam Formen an. Hier zahlten sich 15 Jahre Ikea-Erfahrung deutlich aus. Die Anleitung ist zwar gut verständlich, aber manches mußte ich dann doch erst ein paar mal in mehrere Richtungen aneinander halten, noch mal umstecken und dann erst schrauben, bis alles 100%ig so saß, wie es sein sollte. Und nach zwei Stunden Schrauben mit dem Hand-Schraubendreher taten mir so dermaßen die Arme weh, daß ich unter Einsatz meines Lebens den Kampf mit der Abstellkammer*) aufnahm, um den Akkuschrauber zu suchen.
Um 18 Uhr war es dann vollbracht:
Es steht, es wackelt nicht, es klappert nicht, es ist wunderbar!
Kurz nach Vollendung kam dann natürlich auch der Lieblingsmann nach Hause und stürmte tatsächlich sofort in mein Zimmer, um sein Geschenk zu betrachten. Er war tatsächlich interessiert und gab fachmännische Kommentare ab.
Er: "Das ist ja völlig unbehandelt!"
Ich: "Ja, ich habe vor, es in rosa zu lackieren!"
...ungläubiger Blick...
Er: "Bist Du wahnsinnig! Höchstens Leinöl, es ist doch wunderschön so!"
...Man höre und staune... er findet es schön!!! Mein Louet fand er höchstens nervig!...
Dann habe ich natürlich gleich ein bißchen spinnen müssen und bin völlig hin und weg und stelle folgendes fest:
1) Es klappert nicht, nein, es schnurrt ganz zart.
2) ich kann damit wunderbar dünn spinnen, dünner, als ich es je für möglich gehalten hätte.
3) Selbst wenn ich ganz langsam trete, kann ich wunderbar dünn und gleichmäßig spinnen... also nichts mehr mit Tour de France-Teilnahme am Col de Tourmalet ;-).
4) Die Spulen sind deutlich kleiner als die vom Louet. Da muß ich mich wohl erst noch dran gewöhnen. Aber da ich jetzt so dünn spinnen kann, wird es eh lange dauern, bis da eine voll ist.
Es ist einfach nur traumhaft! Auch der Lieblingsmann stellte einen deutlichen Vorteil fest: Ich kann jetzt spinnen während er Fernsehn schaut, weil das Spinnrad kaum zu hören ist... das Louet hat ihn schon etwas genervt, auch wenn er es nie zugegeben hat.
Eine Umstellung zum Louet ist es aber auch. Man muß aufgrund der anderen Umsetzung deutlich fester treten. Außerdem hat das Fußteil einen anderen Winkel im Gegensatz zu Louet, sodaß ich mir jetzt ein Kissen auf den Stuhl legen muß, um eine Haltung einnehmen zu können, in der ich bequem treten kann. Aber das Radl ist ja noch frisch und neu und ich denke, wir beiden werden beste Freunde werden. Ich liebe es jetzt schon!
*) Die Abstellkammer ist ein heißes Thema bei uns. Seit längerem schon will der Lieblingsmann ergründen, warum das Licht kaputt ist. Allerdings hat er entweder keine Zeit und wenn er dann doch mal Zeit hat, hat er keine Lust. Inzwischen kann ich die meisten Sachen blind ertasten und komme ohne Licht ganz gut klar. Nur wenn man nicht-alltägliche Sachen sucht, dann läuft man Gefahr, daß man von herabfallenden Gegeständen aus den höher hängenden Regalen erschlagen wird. Zur Sicherheit habe ich jetzt einen Helm angeschafft... die Kopfleuchte habe ich schon länger.
Mein zweites Spinnrad ist hier eingezogen! Wenn mir jemand vor drei Jahren erzählt hätte, daß ich irgendwann mal meine Wolle selber spinnen und tatsächlich zwei Spinnräder mein Eigen nennen würde, den hätte ich für verrückt erklärt. So ändern sich die Zeiten!
Aber von Anfang an, denn die Geschichte des zweiten Rades ist etwas länger.
Nicht nur Brigitte kann geplante Geburtstagsgeschenke durch Eigeninitiative torpedieren, nein, ich kann das auch. Und so stand der Lieblingsmann ein paar Tage vor meinem Geburtstag Geschenk- und Ideen-los da. Nun gut, zum Geburtstag gab es dann das Versprechen, daß ich ganz bald etwas anderes bekomme, sobald er eine neue Idee hat und dabei blieb es erst einmal, weil erst er nach Frankreich fuhr, dann ich wieder mal das nächste geplante Geschenk durch die Äußerung "Ich habe das nochmal genau durchdacht, das ist doch nicht so toll!" über den Haufen warf. Und so weiter und so weiter...!
Inzwischen war der Lieblingsmann nicht nur Ideen-los, sondern auch genervt, weil ich ihn natürlich fast täglich an das fehlende Geburtstagsgeschenk erinnerte mit solchen Sätzen wie "Wenn Du mir schon nichts zum Geburtstag schenkst, dann könntest Du zumindest endlich mal das Licht in der Abstellkammer reparieren!" ;-)!
Vor vier Wochen dann kam es zu folgender Kommunikation abends auf dem Balkon:
Ich: "Morgen fahre ich nach Mönchengladbach in die Wollfabrik!"
Er: "Aha!"
Ich: "Die haben da auch Spinnräder!"
Er: "Hmhm!"
Ich: "Du könntest mir ein neues Spinnrad zum Geburtstag schenken!"
Er: "Oh mein Gott!"
Ich: "Dann würde ich Dich auch nicht mehr nerven!"
Er: "Soviel kannst Du mich gar nicht nerven, daß ich tatsächlich ein Spinnrad kaufe!"
Ich: "Ich glaube schon, daß ich das kann!"
Er: "Ich kaufe KEIN Spinnrad!"
Ich: "Hey, so ein Spinnrad hat sogar Flügel! Das müßte Dir doch gefallen!"
Er: "Hä?"
Ich: "Ja, Spinnflügel!"
Er: "Ich soll Dir tatsächlich ein Spinnrad schenken?"
Ich: "Überlege Dir mal, wie zufrieden ich dann wäre!"
Er: "Ich glaube nicht, daß ich den Kauf eines Spinnrads mit meinem Gewissen vereinbaren kann!"
Nun denn... der Kampf war noch nicht verloren! Am nächsten Morgen bei der Kaffee- und Zeitungs-Kommunikation erwähnte ich noch einmal, daß es in der Wollfabrik auch Spinnräder gibt.
"Du kannst mich ja mal anrufen!" waren seine Worte zu diesem Thema und damit war sein morgendlicher Wortschatz auch schon bis aufs Äußerste ausgeschöpft.
So fuhren Brigitte, Jutta und ich also dann zu Huppertz und dort stand tatsächlich ein Ashford Traditional. Der Lieblingsmann hatte ja um einen Anruf quasi gefleht und somit griff ich zum Telefon und rief auf seiner Station an.
"Der macht gerade mit dem Chef Visite!", bekam ich zu hören. Hmhm... er läßt sich also verleugnen ;-)! Ich bat um Rückruf. Nach etwa einer Stunde hatte sich immer noch nichts getan und da ich mir sicher war, daß er eh dem Kauf nicht zustimmen würde, verließen Brigitte und ich die Wollfabrik und trafen uns mit Jutta bei der Schnellimbisskette mit dem großen M. Dort griff ich noch einmal zum Handy und rief auf Station an und erreichte den Lieblingsmann dann auch tatsächlich im Arztzimmer.
Ich: "Die haben tatsächlich ein Traditional da!"
Er: "Gut, dann kauf es!"
Ich: "Hä?"
Er: "Kauf es endlich!"
Ich: "Hast Du gerade gesagt, ich solle es kaufen!"
Er: "Irgendwas muß ich ja tun, damit dieses tägliche Generve aufhört!"
Ich: "Du willst mir wirklich ein Spinnrad schenken?"
Er: "Eher müssen als wollen... aber mein Überlebenswillen ist stärker als mein Gewissen!"
Ich: "Ist Dir klar was Du da sagst?"
Er: "Nicht wirklich!"
Ich: "Und Du hast auch nicht versehentlich eine Überdosis Franzbrandwein abbekommen?"
Er: "Inga!!! Nun kauf es und gut ist!"
Fassungslos beendete ich das Gespräch und erzählte Brigitte und Jutta von den neuesten Entwicklungen im Fall "Spinnrad". Brigitte schlug vor, doch wieder zurück zu Huppertz zu fahren und den Kauf zu tätigen, ich aber stand unter Schock. Das konnte er nicht wirklich gesagt haben! Vielleicht stand sein Chef im Raum und er wollte nicht kleinlich erscheinen? Plötzlich war ich nicht mehr sicher. Panik erfasste mich. Sollte ich wirklich?
Das Problem löste sich an diesem Tag insofern, daß das Traditional bei Huppertz einfädig war, ich aber auf jeden Fall ein doppelfädiges Spinnrad wollte. Damit hatte ich quasi noch etwas Bedenkzeit. So fuhren wir erst einmal nach Hause, ich überprüfte am Abend noch einmal den Geisteszustand des Lieblingsmannes und am nächsten Tag bestellte ich tatsächlich mein Ashford Traditional.
... Fortsetzung folgt...